Sekundär-Besiedelung alter Hausbock-Gänge
[13] Sekundär-Besiedelung alter Hausbock-Gänge durch andere Insekten

Im Gefolge eines Holzwurm-Befalls, insbesondere eines Hausbock-Befalls, siedeln sich gelegentlich auch andere Insekten an, die die Ausschlupflöcher bzw. Fraßgänge für ihre Zwecke nutzen. Das kann auch Jahrzehnte später passieren, nachdem der Befall längst erloschen oder durch Bekämpfungsmaßnahmen abgetötet worden ist. Man spricht dann von einer „Sekundär-Besiedelung“.

Die Rote Mauerbiene (osmia rufa oder osmia bicornis) z. B. legt ihre Eier mit einem entsprechenden Nahrungsvorrat in verlassene Hausbock-Gänge und verkittet dann den Eingang, damit die Larven während ihrer Entwicklung vor Feinden geschützt sind. Erst die später ausschlüpfenden Bienen durchnagen den Verschlussstopfen wieder, um ins Freie zu gelangen.

Mauerbiene an einer künstlichen Nisthilfe
[14] Mauerbiene an einer künstlichen Nisthilfe ("Insekten-Hotel")

In ähnlicher Weise nutzen die Grabwespen (spheciformes), die Schlupfwespen (ichneumonidae) und viele andere die alten Fraßgänge. Es handelt sich überwiegend um einzeln lebende Wildbienenarten, die das Holz selbst nicht weiter zerstören. Sie sind nur an den für ihre Zwecke geeigneten Hohlräumen interessiert. Deshalb werden sie auch als „holzbewohnende“ oder allgemeiner als „hohlraumbrütende Insekten“ bezeichnet. Viele dieser Arten gelten als nützlich oder sind vom Aussterben bedroht, weswegen ihnen von Naturfreunden oft Bündel von Röhrchen als künstliche Nist- und Bruthilfen („Insektenhotel“) angeboten werden.

Um die alten Fraßgänge nutzen zu können, müssen diese aber erst einmal einige cm tief ausgeräumt werden. Und so kann man, vor allem an sonnigen Holzwänden im Sommer, beobachten, wie solche Bienen das uralte Fraßmehl aus den Ausschlupflöchern befördern und dann fleißig ein- und ausfliegen, um Futtervorräte einzulagern, Eier abzulegen, Trennwände zu errichten usw..

Der auffällige Auswurf von Fraßmehl erweckt leicht den Anschein eines äußerst aktiven Hausbock-Befalls, zumal die Löcher ja „echte“ Ausschlupflöcher und das Mehl „echtes“ Fraßmehl des Hausbocks sind. Das hat nicht selten zu aufwändigen, aber völlig überflüssigen Bekämpfungsmaßnahmen geführt, bei denen letztlich nur die Bienen abgetötet wurden. Aber an folgenden Merkmalen kann man leicht feststellen, dass es sich um eine Sekundär-Besiedelung handelt:

verkittete und wieder aufgenagte Ausschlupflöcher
[15] Von anderen Holzbewohnern verkittete und wieder aufgenagte Ausschlupflöcher des Hausbocks

Aber Vorsicht: auch wenn anhand dieser Merkmale eine Sekundär-Besiedelung festgestellt wird, so kann deswegen nicht ausgeschlossen werden, dass auch der Hausbock-Befall noch irgendwo aktiv ist. Hierzu müssen vor allem die anderen Teile des Gebäudes gründlich untersucht werden, insbesondere der Innenbereich der Holzkonstruktion.

An den von anderen Insekten besiedelten Flächen kann man für eine langfristige Diagnose auch einen Teil (z. B. 1 Quadratmeter) mit Fliegendraht abdecken. Dann verfangen sich darunter alle ausschlüpfenden Insekten, während neue von außen nicht mehr eindringen können. Wenn es nur darum geht, aus ästhetischen Gründen das jährliche Mehlgeriesel an einer Holzfassade zu unterbinden, so kann man auch einfach die Löcher mit Kitt, Hartwachs oder Silikon verschließen.