Man möchte ja nun meinen, dass die Holzwürmer ein gemütliches und sorgloses Leben führen - wo sie doch jahrelang gut geschützt mitten in ihrem Futter stecken wie die sprichwörtliche Made im Speck. Aber schon lange bevor ihnen der Mensch mit seiner Giftküche oder seinen Heißluftmaschinen zu Leibe rückt, gibt es für die Holzwürmer nicht nur Krankheiten, Epidemien und Parasiten, sondern vor allem eine ganze Reihe natürlicher Feinde. Viele davon sind selbst wieder Käfer bzw. Larven von Käfern, aber es gibt auch Milben, Spinnen und Schlupfwespen, die den Holzwürmern nachstellen. Meist sind die Jäger nicht größer, sondern eher kleiner als ihre Beute. Denn um an die Larven heranzukommen, müssen sie ja in das Holz eindringen, und da wäre eine große Leibesfülle nur hinderlich.

Blauer Fellkäfer
[19] Blauer Fellkäfer

In der Fachsprache werden die Jäger auch als Prädatoren bezeichnet. Die häufigsten Prädatoren der Holzwürmer sind der Hausbuntkäfer (opilo domesticus) und der Blaue Fellkäfer (corynetes coeruleus). Bei beiden ernähren sich sowohl die Käfer als auch die Larven von den Beutetieren. Die Larven dringen durch vorhandene Schlupflöcher und Fraßgänge in das Holz ein. Sie fressen selbst kein Holz, sie können allenfalls mit ihren Beißwerkzeugen Gänge erweitern und dünne Holzschichten durchnagen. Um nun an die Holzwürmer heranzukommen, befördern sie das störende Fraßmehl durch Schlupflöcher oder andere Ritzen und Risse nach draußen.

So sind es sind zwar die Holzwürmer, die das Mehl produzieren, aber aus dem Holz heraus befördern es fast ausschließlich ihre Feinde! Wenn man sich die Lebensweise der Holzschädlings-Larven vor Augen führt, wird eigentlich schnell klar, dass sie weder ein Interesse noch eine Möglichkeit haben, ihre Verdauungsprodukte nach draußen zu bringen. Eben wegen ihrer Feinde vermeiden sie jede Öffnung ihrer Fraßgänge. Und nun kann man gut verstehen, warum sich die Hausbock-Larve in dem (auf der Hausbock-Seite verlinkten) Video so viel Mühe gibt, das Fraßmehl hinter sich zu schaffen und festzupressen: Es ist ihr einziger Schutz.

Trotzdem bleibt (für Laien genauso wie für Fachleute) ausgeworfenes Fraßmehl das erste und wichtigste Anzeichen, um einen Holzschädlingsbefall zu erkennen und zu beurteilen. Denn wo der Holzwurm ist, stellen sich früher oder später auch seine Prädatoren ein. Man nimmt an, dass sie den Larvenkot über sehr weite Entfernungen riechen und davon angelockt werden.

Larve des Blauen Fellkäfers beim Eindringen in ein Schlupfloch des Nagekäfers
[21] Larve des Blauen Fellkäfers beim Eindringen in ein Schlupfloch des Nagekäfers

Mit etwas Geduld und Glück kann man auf der Oberfläche von befallenen Hölzern manchmal kleine Larven aus Schlupflöchern heraus- und in andere hineinkriechen sehen. Sie zu vernichten wäre völlig falsch, denn man hat hier niemals die Holzwürmer vor sich, sondern immer ihre natürlichen Feinde.

Bei einer Holzschädlingsbekämpfung - egal ob mit Gift, Heißluft oder durch Begasung - werden die vorhandenen Prädatoren ebenfalls abgetötet. Sie sind jedoch die ersten, die sich nach einer Heißluftbehandlung oder Begasung wieder einfinden - denn sie fressen auch abgestorbene Larven. So kann es leider vorkommen, dass auch noch einige Zeit nach einer Heißluftbehandlung wieder beängstigende Fraßmehl-Auswürfe zu beobachten sind. Erst nach vielen Monaten verschwindet diese Erscheinung vollständig - wenn alle erreichbaren Larven im Holz verspeist oder irgendwann völlig verwest sind.

An dieser Stelle soll gleich die oft gestellte Frage beantwortet werden, ob man nicht einen Holzwurm-Befall - ohne Gift und ohne Heißluft - durch das Züchten und Aussetzen seiner natürlichen Feinde beseitigen könnte. Das ist leider nicht möglich. Zum einen sind diese Feinde wie gesagt ja immer schon von selbst da. Wir erkennen den Befall ja meistens erst durch ihre Anwesenheit und ihre Tätigkeit. Zum anderen schöpfen sie in einem natürlichen Gleichgewicht sozusagen immer nur den Rahm ab: Sie haben kein Interesse daran, ihre eigene Nahrungsgrundlage zu vernichten oder auch nur zu dezimieren (da sind sie weiser als der Mensch). Wenn die Beutetiere zu wenig und die Jäger zu viele werden, wandern die Jäger eben ab in günstigere Reviere. Wir können sie nicht dazu überreden, mit hungrigen Bäuchen auf die letzten Holzwürmer zu warten.